Quantensprung bei Energieeinsparung von MBR Anlagen durch Membion JetSplash-Technologie
20. Juni 2023 – 11:45 Uhr, Osnabrück
In den letzten Jahren werden zunehmend Membranfilter zur Abwasserreinigung in so genannten Membranbioreaktoren (MBR) eingesetzt. Sie erreichen im Vergleich zu konventionellen Kläranlagen eine deutlich bessere Wasserqualität bei etwa der Hälfte des benötigten Platzes. Außerdem bieten sie Lösungen für aktuelle Probleme in der Wasseraufbereitung wie Mikroplastik, antibiotikaresistente Keime und Krankheitserreger im Abwasser. Ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil der Technologie ist jedoch der hohe Energiebedarf für die Modulbelüftung zur Durchspülung der Membranen mit Luft.
Grundsätzlich werden in MBR-Anlagen zwei verschiedene Moduldesigns eingesetzt: Hohlfaser- und Plattenmodule. Beide haben unterschiedliche betriebliche Vor- und Nachteile. Hohlfasermodule erfordern eine intensive Vorbehandlung mit einem geringeren Energiebedarf für die Membranbelüftung. Plattenmodule benötigen deutlich weniger Vorbehandlung, verbrauchen aber im Allgemeinen mehr Energie für die Membranspülung. Um den höheren Energieverbrauch teilweise zu kompensieren, werden Plattenmodule häufig in so genannten Doppeldecker-Konfigurationen übereinander installiert.
Die Firma Membion hat einen neuartigen Membranfilter mit Hohlfasermembranen entwickelt, der durch eine neuartige Spültechnik die Vorteile von Platten- und Hohlfasermodulen vereinigt: geringer Energiebedarf bei geringem Vorbehandlungsaufwand (Vossenkaul et al, 2016), (DBU-VORHABEN, 2019), (DBU-VORHABEN, 2021). Wesentlicher Bestandteil der neuen Spültechnik ist ein patentiertes Geysir-Belüftungssystem mit JetSplash®-Technologie. Dabei wird ein Luftspeicher unterhalb der Membranen kontinuierlich mit Luft gefüllt und nach dem Befüllen schlagartig entleert. Dies führt zu kräftigen Luftpulsen, die unterhalb des Membranbündels in den Modul eingetragen werden. Da die Membranbündel jeweils von einem Rechteckrohr umgeben sind, das oben direkt an das Geysir-Element anschließt, führt der schlagartig aus dem Geysir-Element ausströmende Luftpuls dazu, dass die komplette Flüssigkeitssäule, die die Hohlfasermembranen umgibt, innerhalb von anderthalb Sekunden vertikal nach oben beschleunigt wird. Diese Beschleunigung hat wesentlich intensivere und effektivere Spülwirkung auf die Membranen als die Luftblasen selber. Dadurch wird die Menge der benötigten Luft für die Spülung und somit der Energiebedarf deutlich reduziert. Durch die hohe Effektivität der Spülung kann auf die sonst übliche Rückspülung der Membranen mit erzeugtem Filtrat (Permeat) verzichtet werden, was zu höheren Gesamtausbeuten und geringeren Membranflächen führt.
Im Rahmen eines vom BMBF geförderten KMU-Innovationsprojekts „Double Membion“ (02WQ1549A-C) erfolgte der erste Praxistest einer Weiterentwicklung des Single-Decker Moduls hin zu einer Doppeldecker-Modul-Konfiguration. Ziel dieses Projektes war es, die bestehenden energieintensiven Plattenmodule auf der Kläranlage Konzen durch eine energieeffizientere und kompaktere Lösung von Membion in einer der bestehenden 8 Straßen der Anlage zu ersetzen. Im patentierten Doppeldeckermodul von Membion werden die Vorteile der JetSplash®-Technologie auf ein Konzept übertragen, in dem jeweils zwei Membranelemente über einem Geysir-Element installiert werden. Dadurch kann die vorhandene Beckentiefe der Doppeldecker-Plattenmodule vollständig genutzt werden.
Aufgrund der höheren Packungsdichte der Membion Module wurden für die Installation der Doppeldeckermodule nur zwei der vorhandenen 9 Membranplätze der Membranstraße benötigt, was einer Platzeinsparung von mehr als 75% entspricht. Bei einem Austausch aller 8 Membranstraßen durch Membion-Module würden somit nur zwei der vorhandenen 8 Membranbecken für die Installation der gesamten Membranfläche (23.200 m²) ausreichen. Die Membranbecken der anderen 6 Straßen könnten dann zur Optimierung bzw. zum Ausbau der biologischen Stufe genutzt werden.
Die Module von Membion laufen seit Frühjahr 2021 ohne zusätzliche Vorbehandlung im normalen Anlagenbetrieb der Kläranlage und demonstrieren Einsparungen im Energiebedarf für die Luftspülung der Membranmodule von bis zu 90%. Neben dem Vorteil der Energieeinsparung und der damit verbundenen Betriebskosten-Senkung fallen auch die Gebläse und die zu installierenden Rohrleitungen und Aggregate deutlich kleiner aus, was zusätzliche Einsparungen bei den Investitionskosten bedeutet.
Die Technologie von Membion leistet durch ihre signifikante Energie- und Ressourceneinsparung einen Beitrag zum Umweltschutz, der gerade vor dem Hintergrund des jüngst vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Klimaneutralität bis Ende 2045 immer wichtiger wird. Wer, wenn nicht die Kommunen, könnte und sollte ein Interesse daran haben, hier voranzukommen?