Die Minimierung des Energiebedarfs von Abwasseranlagen hat im vergangenen Jahr nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch wirtschaftlich zunehmend an Bedeutung gewonnen. Membranbioreaktoren (MBR) bieten mit ihrer signifikant besseren Wasserqualität und ihrem geringeren Platzbedarf attraktive Alternativen zu herkömmlichen Kläranlagen – insbesondere, wenn der Aspekt der Wiederverwendung des gereinigten Abwassers zusätzlich in Betracht kommt. Nachteil konventioneller MBR-Anlagen ist jedoch deren hoher Energiebedarf. Die Firma Membion GmbH aus Deutschland hat einen neuartigen Membranfilter entwickelt, der den Energiebedarf für die Cross-Flow-Belüftung von MBR-Anlagen um bis zu 90% senkt, so dass dieser in die Größenordnung von konventionellen Kläranlagen rückt. Da die Membranmodule flexibel an verschiedene Einbaugrößen anpassbar sind, zeigt sich insbesondere beim Austausch von energie-intensiven Plattenmembranen ein hohes Einsparpotential.
Bei Membranbioreaktoren (MBR) wird die Trennung des gereinigten Abwassers vom biologischen Schlamm von Membranen übernommen, die in den Schlamm eingetaucht werden. Dadurch entfallen die bei konventionellen Kläranlagen üblichen Nachklärbecken und die Anlagen werden deutlich kompakter. Aufgrund der Porengröße der Membranen bilden diese eine vollständige Barriere gegen Mikroorganismen jeglicher Art sowie auch gegen Mikroplastik und erreichen somit eine deutlich verbesserte Wasserqualität.

Hoher Energiebedarf bei Plattenmodulen
Der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) betreibt seit 2006 in der Eifel die Membrankläranlage Konzen (MBR) mit Plattenmodulen (Bild 1). Diese haben gegenüber klassischen Hohlfasermodulen den Vorteil, dass sie einen höheren Anteil an Haaren und faserigen Verbindungen im Schlamm tolerieren und daher mit weniger Vorbehandlung des Abwassers auskommen (Filterstufen-Rechen statt Fein-Siebung). Nachteil von Plattenmodulen ist allerdings ihr hoher Energiebedarf für die Cross-Flow-Belüftung zur Spülung der Membranmodule, die erforderlich ist, um einer Verblockung der Membran-Platten entgegenzuwirken.
Innovatives Moduldesign von Membion
Die Firma Membion hat neuartige Hohlfasermodule entwickelt, die den Austausch von Plattenmodulen ermöglichen und dabei den Energiebedarf für die Spülung der Module ohne zusätzliche Vorbehandlung drastisch senken. Diese Vorteile werden ermöglicht durch die Kombination von 4 innovativen Design-Features (Bild 2) des Membion-Moduls. Diese werden im Folgenden am Beispiel der Kläranlage Konzen erläutert.

Hier wurden im Frühjahr 2022 im Rahmen eines vom BMBF geförderten Projektes [2] in einer der 8 Membrankammern die vorhandenen Doppeldecker-Plattenmodule durch Doppeldecker-Hohlfasermodule von Membion ersetzt. Die Membion-Membrankammer läuft seitdem im Automatikbetrieb der Kläranlage mit und demonstriert eindrucksvoll die Vorteile des neuen Membransystems.
„Single-header Design“
Die Hohlfasermembranen im Membion-Modul werden in Bündeln nur unten in einem Fußelement fixiert, während sie oben einzeln verschlossen, wie „echtes Seegras“ frei im zu filtrierenden Schlamm schweben. Dadurch tolerieren die Module einen deutlich höheren Anteil an Haaren und faserigen Verbindungen im Schlamm als doppelseitig-eingespannte Hohlfaser-Module (Double-header-Systeme) [3]. Beim Wechsel von Plattenmodulen zu Membion-Modulen braucht daher keine zusätzliche Feinsiebung des Abwassers installiert zu werden. Die in Konzen vorhandenen Filterstufenrechen reichen für den Betrieb der Membion-Module aus.
„BundleTube“
Die Membran-Bündel werden bei Membion in einem Rechteckrohr installiert, das ohne seitliche Öffnungen direkt oben an das Fußelement anschließt. Die Cross-Flow-Belüftung der Membranen transportiert immer auch Schlamm mit nach oben. Dieser muss im stationären Betrieb irgendwo in der Membrankammer auch wieder nach unten strömen. Konventionelle MBR-Systeme sehen hierfür einen Randabstand neben den Membranmodulen bis zur Behälterwand vor (Bild 3). Damit der oben aus den Membranmodulen ausströmende Schlamm in diese Randzonen strömen kann, muss zusätzlich über den Membranmodulen ausreichend Schlamm-Überstand vorgesehen werden. Randabstand und Schlamm-Überstand führen zu mehr Platzbedarf und einer größeren Wassertiefe für den Eintrag der Luft – und damit zu höheren Energiekosten durch den höheren Einblasdruck der Luft.

Im hier gezeigten Modul bilden die fest definierten Abstände zwischen den Rechteckrohren der Membranelemente die Zonen für die Abwärtsströmung des Schlammes innerhalb des Membranmoduls. Dadurch entfallen sowohl die erforderlichen Randabstände zur Behälterwand als auch der Schlamm-Überstand oberhalb der Membranmodule. Dies führt zu höheren Gesamtpackungsdichten und trägt zu einer Reduzierung des Energiebedarfs bei. Bild 3 veranschaulicht das Prinzip und die Vorteile des „BundleTube“-Designs von Membion. Insgesamt wurden in Konzen für den Einbau der gleichen Membranfläche in einer Membrankammer mit diesen Modulen nur 2 der vorhandenen 9 Membranplätze der Doppeldecker-Plattenmodule benötigt, d.h. nur weniger als 25% der Installationsfläche. Der frei gewordene Rest der Membrankammer kann für die Optimierung der biologischen Abbauleistung genutzt werden.
Im Falle des in Konzen realisierten BMBF-Projektes wurde der frei gewordene Teil der Membrankammer zu Forschungszwecken mit zusätzlichen Belüfterplatten und einem Rührwerk ausgestattet. Hier untersucht das Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) der RWTH Aachen, das als Forschungspartner in das Projekt eingebunden wurde, den alternativen Betrieb dieser Zone der Membrankammer als zusätzliches Denitrifikations- oder Nitrifikationsvolumen.
„JetSplash®-Technologie“
Den größten Beitrag zur Senkung des Energiebedarfs liefert die von Membion entwickelte und patentierte JetSplash®-Technologie zur Spülung der Membranmodule. Dabei werden sogenannte Geysir-Elemente (Bild 2) direkt unten an die Membranelemente angeschlossen – und zwar ebenfalls ohne seitliche Öffnungen für den Schlamm. Jedes Geysir-Element enthält ein Luftreservoir, das kontinuierlich mit Luft gefüllt wird und sich jeweils nach Befüllung automatisch entleert. Dabei expandiert der aus dem Geysir austretende Luftpuls unterhalb der Membranen im Rechteckrohr und verdrängt den dort vorhandenen Schlamm. Aufgrund des seitlich geschlossenen Systems wird die komplette Schlammsäule im Rechteckrohr schlagartig nach oben beschleunigt. Dies führt im Gegensatz zur klassischen Cross-Flow-Belüftung zu einer energiesparenden und deutlich effektiveren Modul-Spülung.
Die Effektivität der neuen JetSplash®-Technologie führt zudem dazu, dass auf eine periodische Rückspülung der Membranen mit Filtrat – wie sie sonst bei Hohlfasermembranen üblich ist – verzichtet werden kann. Dies erhöht bei gleicher Brutto-Filtrationsleistung die Netto-Flüsse der Membranen. Da auch viele Plattenmodule ohne Permeat-Rückspülung betrieben werden, eignen sich die Module auch in dieser Hinsicht für einen energie-effizienten Austausch von vorhandenen Plattenmodul-MBR-Anlagen.
„Built2fit“
Die Membranmodule sind zudem flexibel in ihren Abmessungen gestaltbar aufgrund eines modularen Baukastensystems aus zwei Grundbausteinen: den Membranelementen mit darunter installierten Geysir-Elementen. Diese Grundbausteine werden auf beiden Seiten eines einfach aufgebauten Edelstahl-Rahmens montiert. Durch Variation der Anzahl der Membranelemente lässt sich die Länge des Moduls flexibel an vorhandene, auszutauschende Membranmodule anpassen (Built2fit).
Auch in der Höhe sind die Module flexibel und können neben der für Hohlfasermodule üblichen einstöckigen Bauweise auch in Form von Doppeldecker-Modulen gestaltet werden. Dabei werden jeweils oberhalb eines Geysir-Elementes zwei Membranelemente übereinander installiert, so dass sie durch den einen Geysir gleichzeitig gespült werden. Dies führt zu einem noch geringeren Platzbedarf und der Möglichkeit, auch die tieferen Membrankammern von Doppeldecker-Plattenmembranen ausnutzen zu können. Auch in Konzen sind die neuen Doppeldecker-Hohlfaser-Module bei einer Tiefe der Membrankammer von 4,5 m im Einsatz.
Betriebsergebnisse der neuen Membran-Module in Konzen
Bisher zeigt die Membrankammer mit Membion-Modulen in Konzen ein stabiles Betriebsverhalten (Bild 4). Der Durchfluss der Membrankammern (netto Tagesdurchsatz) wird entsprechend des an der Kläranlage ankommenden Abwassers geregelt. Dabei werden die 8 Membrankammern jeweils zu- oder abgeschaltet. Wenn sie in Betrieb sind, so laufen sie mit einem Brutto-Filtrationsfluss von 25 l/(m²h). Bei Trockenwetterbedingungen müssen die Membrankammern nach längerem Stillstand vorbelüftet werden, um vor Wiederbeginn der Filtration sedimentierten Schlamm aufzuwirbeln. Weiterhin kann es vorkommen, dass aufgrund eines zu niedrigen Füllstandes im Belebungsbecken ein Filtrationszyklus abgebrochen wird. Diese zwei Effekte erhöhen den Energiebedarf bei Trockenwetter.


Im Dauerbetrieb bei Regenwetter wird ein Energiebedarf von 0,06 kWh/m³ erreicht. Die Schlammtemperatur liegt mittlerweile unter 10 °C.
Mitte September wurde eine erste Optimierung der Betriebsführung mit der Unterstützung von Membion Mitarbeitern durchgeführt. Seitdem läuft die Anlage mit einem durchschnittlichen spezifischen Energiebedarf für die Modulbelüftung inklusive Vorbelüftung von 0,076 kWh/m³ bezogen auf das netto erzeugte Filtrat (Bild 5).
Hohe Energie-Einsparung und kleinere Gebläse
Das entspricht einer Reduktion des Energiebedarfs für die Modulbelüftung im Vergleich zu den Plattenmodulen, die mit einer Belüftungsenergie von 0,838 kWh/m³ betrieben werden, von mehr als 90 %. Im Falle einer Umrüstung aller 8 Membrankammern ergibt sich damit bei aktuell erwarteten Strompreisen von 0,32 €/kWh eine jährliche Energiekosten-Ersparnis von mehr als 330.000 €.
Auf der Kläranlage Konzen wurde zur Realisierung des deutlich reduzierten Spülluftbedarfs ein wesentlich kleineres Gebläse für den Betrieb der ausgetauschten Membrankammer installiert (siehe Bild 5).
In dem bisherigen Betriebszeitraum wurde nur einmal Mitte Oktober eine chemische Zwischenreinigung durchgeführt.
Geringe Sauerstoffverschleppung
Ein weiterer Aspekt der signifikant geringeren Belüftungsraten der Module ist die deutlich niedrigere Sauerstoffkonzentration im Überlauf der Membrankammer. Diese führt zu einer Reduktion der Sauerstoffverschleppung in die Denitrifikation und damit zu einem Optimierungspotential der biologischen Stufe. Beim Wechsel aller Membrankammern auf Membion-Technologie ergibt sich weiteres Optimierungspotential durch die Nutzung der bis zu 6 freiwerdenden Membrankammern für biologische Zwecke oder zur Kapazitätserweiterung der Anlage.
Zusammenfassung
Der Ersatz von Doppeldecker-Plattenmodulen durch neuartige Doppeldecker-Hohlfasermodule der Firma Membion auf der MBR-Kläranlage Konzen zeigt seit mehr als 8 Monaten ein stabiles Betriebsverhalten mit folgenden Ergebnissen und dem Potential, auch in anderen MBR-Anlagen die Energiekosten deutlich zu senken:
- > 90% Energie-Einsparung durch JetSplash®-Technologie für die Modulspülung anstelle von Cross-Flow-Belüftung,
- > 75% Platzeinsparung für die Membranmodule,
- keine zusätzliche Vorbehandlung erforderlich,
- deutlich kleinere Gebläse,
- geringere Sauerstoffverschleppung in die biologische Stufe,
- flexible Anpassung der Größe der Membranmodule an die jeweiligen örtlichen Verhältnisse.
Der Betrieb der neuen Membran-Module in Konzen belegt, dass die Membion-Technologie nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch gesamt-ökonomisch gesehen eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichen Membranfiltern für MBR-Anlagen ist.
Literatur
[1] KREBBER, K. (2013): Optimierung der Energiebilanz von Membranbioreaktoren. Hrsg: Pinnekamp, J. – Gesellschaft zur Förderung der Siedlungswasserwirtschaft an der RWTH Aachen e.V.
[2] Angaben des WVER im Rahmen der Antragstellung für das BMBF-Projekt „Membranbioreaktor mit Doppeldecker-Hohlfaser-Membranfiltern – Double Membion“ 07/2020
[3] DBU-VORHABEN AZ-37220/01, (2021) „Effiziente Energieausnutzung in Membranbioreaktoren durch Einsatz eines innovativen Membranfilters – Zweite Phase der Verifizierung der Energieeinsparung im technischen Maßstab“
Autor
Dr. Klaus Vossenkaul,
Membion GmbH;